Am Anfang war das Anforderungsprofil am Ende waren wir alle Verlierer

Tag 1 – Die Genehmigung

Und plötzlich war es soweit. Die Stelle war nach zähem Ringen endlich zur Nachbesetzung genehmigt. Also jetzt gilt es, bloß nicht noch mehr Zeit verlieren. Womit fangen wir an – genau mit der internen Ausschreibung. Mist ich habe für diese Position gar keine aktuelle Stellenbeschreibung, nur die vom letzten Mal aber die ist jetzt doch schon 3 Jahre alt. Schnell mal ein E-Mail an den Hiring Manager schicken:

„Hallo, wir haben die Genehmigung zur Nachbesetzung bekommen. Ich würde gerne die interne Stellenausschreibung fertig machen, würden Sie bitte noch einmal einen Blick auf die Stellenbeschreibung werfen, befindet sich im Anhang. Danke!
Grüße HR“ 

Klasse, keine 10 Minuten später hat der Hiring Manager schon geantwortet. Was schreibt er denn:

„Passt so, hat sich nix geändert. Grüße Hiring Manager“.

Ok dann kann ich die interne Ausschreibung ja fertig machen, das läuft ja gut an.

Tag 10 – Wie ist denn der Status?

„Hallo HR-Kollege, wie sieht es denn mit unserer Stelle aus, hat sich ein interner Kandidat gemeldet?“

„Nur einer der Herr Meier aus der Abteilung XY.“

„Was der Meier, ne den kann ich ja so gar nicht in meiner Abteilung brauchen , wie kommt der überhaupt auf die Idee diesen Job machen zu können. Manchmal kann man sich wirklich nur wundern. Also was machen wir denn jetzt, hilft ja nichts. Schalten Sie die Anzeige jetzt extern, die Stellenbeschreibung haben Sie ja.“

„Ja kein Problem wird erledigt.“

Tag 20 – Ertrunken in der Bewerberflut

„Hallo Hiring Manager, tolle Neuigkeiten wir haben schon an die 60 Bewerbungen für unsere Stelle bekommen. Ich habe auf Basis der Stellenbeschreibung schon einmal eine Vorselektion gemacht und Ihnen die besten Bewerbungen in den Anhang gepackt. Ich würde vorschlagen wir treffen nächste Woche gleich mal die Top 5.“

Tag 30 – Ernüchterung macht sich breit

„Puh also die Gespräche mit den Bewerbern sind ja jetzt doch eher enttäuschend verlaufen. Da war jetzt aber doch echt keiner dabei der Erfahrung im Leasing Bereich hat und die SAP Kenntnisse sind ja auch praktisch nicht vorhanden gewesen Was haben Sie mir denn da für Leute angeschleppt? Im Prinzip waren das jetzt 5 Stunden verschenkte Zeit…“

„Äh ja Sie haben recht, ist wirklich nicht so gut gelaufen, aber wenn Erfahrung im Leasing Bereich so wichtig ist und SAP wieso haben wir das denn dann nicht im Anforderungsprofil stehen?“

„Äh also lieber HR Kollege jetzt mal langsam Sie wissen doch von der letzten Suche noch wie wichtig das ist und außerdem haben Sie mir die Stellenbeschreibung doch zugeschickt, war das denn da nicht drin gestanden? Naja also dann sollten wir die dringend noch einmal überarbeiten. So ein Mist, jetzt haben wir schon einen Monat verloren, keinen Kandidaten und fangen praktisch von vorne an.

Tag 31 bzw. wieder Tag 1 – …und plötzlich sind alle Verlierer

Zugegeben vielleicht ist die obige Darstellung an der ein oder anderen Stelle etwas überzeichnet. Dennoch gebe ich offen zu, dass ich diese Erfahrung in ähnlicher Weise gemacht habe. Das obige Szenario zeigt wie eine Schlamperei am Beginn eines Recruiting-Prozesses alle zu Verlierern machen kann. Der Hiring Manager ist Verlierer, da er noch deutlich länger auf seinen neuen Mitarbeiter warten muss. Das Team des Hiring Managers verliert, da es den fehlenden Kollegen noch länger kompensieren muss. Der interne Bewerber verliert, da er dachte er würde auf das Anforderungsprofil passen – er konnte ja nicht wissen, dass das ein oder andere wesentliche Merkmal gänzlich fehlte. Für die externen Bewerber gilt im Prinzip dasselbe. Das Ganze wirkt sich ziemlich sicher auch auf den Ruf des Unternehmens aus, da wir fünf unzufriedene Kandidaten hinterlassen haben.  HR ist Verlierer, da sie mal wieder nicht in der Lage sind einen vernünftigen Kandidaten zu präsentieren. Das Unternehmen verliert Geld, durch die Kosten der nicht besetzten Stelle und durch wiederholte Anzeigenschaltung. Ziemlich frustrierend und das ganze lässt sich noch toppen, wenn man gar nicht merkt, dass im Anforderungsprofil geschlampt wurde und man irgendwann vor lauter Verzweiflung keine geeigneten Bewerber zu haben auf die rettende Idee kommt doch einen Headhunter mit der Suche zu beauftragen. Bleibt nur zu hoffen, dass man dann an einen guten Headhunter kommt, der viel Wert auf ein ausführliches Briefing legt und im besten Fall auch gleich noch sein eigenes Positionsprofil erstellt.

Mein Appell: Nervt die Fachabteilung!! 

Solche Schlampereien passieren und sicherlich macht es niemand absichtlich, weder die Fachabteilung noch HR. Mein Rat an jeden Recruiter: Nervt die Fachabteilung mit dem Anforderungsprofil und zwar am besten persönlich, nicht nur durch schicken eines vorhandenen Word Dokuments per E-Mail. Jede Minute die in die saubere Erstellung eines Anforderungsprofils gesteckt wird spart im späteren Prozessverlauf kostbare Zeit und Nerven bei allen Prozessbeteiligten.

Sicherlich werdet Ihr über eine alte Stellenbeschreibung verfügen. Schaut Sie euch an, prüft, ob Ihr mit eurem bisherigen Erfahrungsschatz Veränderungen an der Stellenbeschreibung und am Anforderungsprofil vornehmen könnt und macht euch entsprechende Notizen. Danach druckt das Ding aus und vereinbart einen Termin mit dem Hiring Manager, ggf. sogar gemeinsam mit einem erfahrenen Mitarbeiter, der den gesuchten Job aktuell ausübt. Nehmt Euch für diesen Termin ausreichend Zeit (mindestens eine Stunde) und dann beginnt zu nerven.

Ein besonderes nerviges aber sehr effektives Instrument ist die sog. Critical Incident Technique (Methode kritischer Ereignisse). Mit Hilfe dieser Technik gelingt es Verhaltensweisen und Eigenschaften zu beschreiben mit deren Hilfe besonders kritische Situationen erfolgreich gemeistert werden können. Bittet den Vorgesetzten oder den erfahrenen Mitarbeiter an Situationen zu denken, die häufiger vorkommen aber dennoch sehr schwerwiegende, negative Konsequenzen nach sich ziehen können. Lasst euch solche Situationen beschreiben und fragt dann ganz gezielt nach wie es der Vorgesetzte/Mitarbeiter geschafft hat diese kritische Situation erfolgreich zu meistern und welche Fähigkeiten ihm dabei geholfen haben.

Ein guter Indikator, ob eine Stellenbeschreibung und die entsprechende Anforderungsanalyse vollständig ist, ist übrigens wenn ihr als Personaler das Gefühl habt die Position und deren Herausforderungen vollständig verstanden zu haben.

Aber bitte passt auf. Ein Anforderungsprofil aufzublähen nur aus Angst nichts vergessen zu haben führt schnell dazu, dass die wirklich wesentlichen Dinge nicht mehr erkennbar sind und Interessenten werden beim Lesen der Stellenanzeige das Gefühl bekommen, dass hier ein Universalgenie gesucht wird und sich im Zweifel nicht bewerben.

In diesem Sinne – nehmt euch am Anfang Zeit und spart sie später!

Beste Grüße

SK

 

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Herzlich Willkommen auf meinem Gedanken-Blog!

Ich begrüße Dich ganz herzlich auf meinem Gedanken-Blog
www.thinkingoutofthebox.de

…an Ideen mangelt es den meisten Menschen nicht. Einer Idee aber auch eine konkrete Handlung folgen zu lassen ist schon eine ganz andere Geschichte… 

Die Idee einen Blog zu schreiben hatte ich persönlich schon viele Male. Der Grund warum mein erster Blog nun aber das Datum 20.08.2015 trägt liegt daran, dass ich ein sehr ordentlicher Mensch bin. Herumliegende Ideen habe ich bisher pflichtbewusst in eine Schublade gepackt. Davon habe ich viele und alle tragen verschiedene Aufschriften. Die Idee mit dem Blog ist in der Schublade mit der Aufschrift „später mal machen“ gelandet.

Obwohl sicherlich nicht jeder einen solch ausgeprägten Ordnungs-Tick hat, folgen den allermeisten Ideen keine Handlungen und damit auch keine Resultate. Zugegeben manche Erfahrungen muss man nicht machen, häufig hilft schnödes Nachdenken, um zu merken, dass die Umsetzung einer bestimmten Idee in eine Handlung wenig empfehlenswert wäre. Die Gründe aber auch eigentlich gute Ideen zunächst in einer Schublade verschwinden zu lassen oder sie vielleicht sogar komplett zu vergessen sind vielfältig: „Keine Lust“„Es regnet“„keine Zeit“„Puh heute hatte ich wahrlich schon genug Stress“, „das kann ich auch nächstes Wochenende noch machen“„viel zu schwierig“„dauert viel zu lange“„bringt eh nichts“ – Ihr merkt schon diese Reihe lässt sich beliebig fortsetzen und ich bin mir sicher jeder von Euch könnte diese Liste noch mit seinen ganz eigenen persönlichen Favoriten erweitern.

Vielleicht liegt es daran, dass meine „später mal machen“-Schublade langsam überquillt, vielleicht liegt es auch an dem Buch mit dem Elefant durch die Wand von Alexander Hartmann, dass ich nun meiner Blog-Idee auch eine Handlung – Schreiben – folgen lasse und mit Absendung dieses Beitrags auch ein allererstes Resultat erzielen werde. Sicherlich wird es weit davon entfernt sein „perfekt“ zu sein aber auch die vermeintliche Notwendigkeit Dinge perfekt zu machen kann ein echter Ideen-Killer sein.

Was ich im Rahmen meines Gedanken-Blogs künftig mit Euch teilen möchte sind Impulse, Ideen und Inhalte zu den Themenbereichen Human Resources, Wirtschaftspsychologie, Coaching- und Trainingsmethoden.

Vielleicht fragt Ihr euch jetzt wieso dieser Blog die URL www.thinkingoutofthebox.de hat und was diese mit den angestrebten Inhalten zu tun hat. Dazu muss ich ein klein wenig ausholen und einen ersten kurzen Abstecher in die Psychologie, genauer in die Denkpsychologie und die Gestaltpsychologie, machen. Genau hier habe ich mich bei der Namensgebung inspirieren lassen. Von Scheerer (1963) stammt das sogenannte 9-Punkte Problem. Neun quadratisch angeordnete Punkte (3×3) sollen mit maximal vier geraden Linien verbunden werden und zwar ohne den Stift abzusetzen.

9 Punkte Problem

Probiert es doch selbst einmal aus bevor Ihr weiter lest. Zugegeben, das Problem ist ein echter Klassiker und hat daher auch einen recht hohen Bekanntheitsgrad. Das Aha-Erlebnis (vgl. Bühler, 1922) stellt sich nur ein, wenn man diesem Problem tatsächlich zum ersten mal begegnet. Die Punkte wie gefordert miteinander zu verbinden erscheint vielen zunächst nicht lösbar.

Warum ist das so? 

Die Lösungsversuche finden häufig in einem Problemraum (Klix, 1971) statt der kleiner ist als der tatsächliche Raum, in welchem die Lösung liegt. Außerdem tendiert der Mensch dazu die Punkte-Anordnung als ein Quadrat wahrzunehmen (Gestaltpsychologie, Tendenz zur guten Gestalt) und schafft damit eine gedankliche Konvention in Form eines Rahmens. Nur wer in der Lage ist diese selbst auferlegte Konvention aufzugeben und über den vermeintlichen Rahmen hinaus zu denken wird schließlich in der Lage sein das Problem z.B. wie folgt zu lösen:

9 Punkte Lösung

Das Verlassen selbst oder fremd auferlegter gedanklicher Koventionen wird im Englischen mit „thinking out of the box“ umschrieben und soll die Intention dieses Gedanken-Blogs neue Ideen und Impulse zu liefern unterstreichen.

Wie Recycling lebt auch ein Blog vom Mitmachen. Daher freue ich mich schon heute auf Euer Feedback zu meinen künftigen Beiträgen.

Beste Grüße

SK

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